Internationale Handelsabkommen beinhalten für Unternehmen teils enorme Zollvorteile – wenn sie denn genutzt werden. Doch gerade kleinere Betriebe scheitern oft an bürokratischen Hürden bei der Ermittlung und Anwendung der pr?ferenziellen Ursprungsregeln, also der Vorschriften zur Bestimmung des – für die Zollbemessung ma?geblichen – Warenursprungs.
Weitere Partner voraussichtlich zum Jahreswechsel im Boot
Vor diesem Hintergrund hatten sich 2019 die EU-Mitglieder und 22 weitere Partner – darunter etwa die EFTA-Staaten, die Mittelmeeranrainer, die westlichen Balkanstaaten oder die Türkei – ?im "Regionalen übereinkommen über Pan-Europa-Mittelmeer-Pr?ferenzursprungsregeln", kurz PEM, auf modernisierte Ursprungsregeln geeinigt.
In Kraft treten getreten sind die neuen PEM-Ursprungsregeln am 1. September 2021, zun?chst allerdings nur mit der Schweiz, Norwegen, Island, den Far?er-Inseln, Jordanien und Albanien. Die EU geht davon aus, dass die übrigen PEM-L?nder bis Ende 2021/Anfang 2022 nachziehen. Lediglich Marokko, Algerien und Syrien haben den neuen Regeln bislang nicht zugestimmt.
Viele Verbesserungen wie vom DIHK vorgeschlagen
Dort, wo sie gelten, erleichtern es die neuen Vorschriften den Unternehmen erheblich, den pr?ferenziellen Ursprung zu erreichen und damit im gegenseitigen Warenverkehr Z?lle zu sparen. Zahlreiche Verbesserungen entsprechen dem "DIHK-Ideenpapier für moderne Handelsabkommen" (PDF, 354 KB).
Zu den wichtigsten ?nderungen z?hlen etwa einfachere Be-/Verarbeitungsregeln für mehrere Kapitel im weltweit "Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung von Waren" (HS), die Nutzung gleitender Durchschnittspreise bei Ursprungskalkulationen, die Anhebung der Schwellenwerte bei der Toleranzregel von 10 auf 15 Prozent, eine vereinfachte "buchm??ige Trennung" oder die Berücksichtigung von Teilbearbeitungen/Wertsch?pfungsanteilen bei der Kumulierung. Und: Perspektivisch sollen die auf den neuen Ursprungsregeln basierenden Nachweise auch elektronisch erstellt und übermittelt werden k?nnen.
Details zu den Regelungen enthalten die Beschlüsse, mit denen die EU bereits im Dezember 2020 die Vorkehrungen zur geplanten Anwendung ab September 2021 getroffen hat. Sie sind abrufbar im Amtsblatt der Europ?ischen Union.
übergangsweise parallele Anwendung alter und neuer Regeln, …
Da nicht alle PEM-L?nder den neuen Ursprungsregeln zugestimmt haben, werden übergangsweise sowohl die alten als auch die neuen PEM-Ursprungsregelsysteme parallel anwendbar sein. Die Unternehmen k?nnen zwischen beiden Systemen frei w?hlen, und zwar sendungsbezogen. Entsprechend wird es übergangsweise zwei parallele Kumulierungszonen geben.
… aber keine Durchl?ssigkeit
Obwohl die neuen, flexibleren übergangsursprungsregeln laut EU-Kommission die alten, strengeren Ursprungsregeln zu 99 Prozent automatisch mit erfüllen, ist eine Durchl?ssigkeit ("permeability") zwischen dem alten Ursprungsregelsystem ("PEM 1.0") und dem neuen Ursprungsregelsystem ("PEM 2.0") nach derzeitigem Stand nicht vorgesehen.
Das bedeutet: Eine automatische Verwendung von "PEM 1.0"-Nachweisen bei Pr?ferenzkalkulationen für Export- oder Kumulierungszwecke im Rahmen der neuen "PEM 2.0"-Regeln ist nicht m?glich. Stattdessen ist vorgesehen, dass Exporteure die Anwendung der neuen übergangsregeln explizit auf den Pr?ferenzdokumenten mit dem Zusatz "transitional rules" beziehungsweise "gem?? den übergangsregeln" vermerken müssen.
In der Konsequenz ben?tigen die ausführenden Unternehmen von ihren EU-Zulieferern – gegebenenfalls rückwirkend – (Langzeit-) Lieferantenerkl?rungen, die je nach PEM-Land ebenfalls einen solchen Zusatzvermerk aufweisen müssen. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag hat sich in den vergangenen Monaten wiederholt gegen diese bürokratische Vorgehensweise ausgesprochen.